Auch in diesem Jahr begeisterte Professor Winfried Frey seine zahlreiche Fan-Gemeinde beim Freundeskreis am Justus-Knecht-Gymnasium mit einem spannenden historischen Vortrag über den Einsatz und die Wirkung von Karikaturen in den Kampfschriften der Reformationszeit.
Ausgehend von einem Zitat von Hans-Dieter Fronz „Karikaturen transportieren Kritik, doch ihr Sinn ist auch: Dampf ablassen" sowie der Formulierung von Kurt Tucholsky „Karikatur darf alles" spannte Prof. Frey den Bogen von den reformatorischen Auseinandersetzungen beginnend im frühen 16. Jahrhundert bis zu Beginn des dreißigjährigen Krieges, immer wieder unterbrochen durch aktuelle Beispiele bis hin zu „Charlie Hebdo".
Das Auseinanderbrechen der abendländischen Kirche im frühen 16. Jahrhundert setzte starke Energien und Emotionen frei. Das Hinaustragen dieser Energie in die Welt erleichterte der aufkommende Buchdruck mit beweglichen Lettern sowie die Möglichkeit, mittels der Technik des Holzschnittes und bald auch des Kupferstiches Bilder in bis dahin nicht erreichbarer Qualität in großen Auflagen 'unter die Leute' zu bringen. Damit ließen sich auf einfache Weise eine Vielzahl von Schriften, Flugschriften, Einblattdrucken, Bekenntnisbüchern und Klage- wie Anklageschriften beider Seiten viel leichter verbreiten.
Mit überaus drastischem Bild- und Textmaterial aus Schriften der Reformationszeit zeigte Prof. Frey die verheerenden Auswüchse der Diffamierungen in Texten und Karikaturen, u.a. mit dem 'Bapstesel' und weiteren monströs 'teuflisch' verzerrten Wesen, die das Papsttum verhöhnten. Er ließ aber nicht unerwähnt, dass dies natürlich auch entsprechende Gegenreaktionen zur Folge hatte und belegte dies ebenso in Wort und Bild, wie dem auf dem Vortragsplakat zu sehenden Luther als 'Sackpfeife', dem der Teufel die Töne über das Ohr einbläst.
Als Motivation der Bild- und Textbeispiele stellte Prof. Frey die gemeinsame Absicht dar: Wie macht man aus Theologen und Protagonisten der jeweils anderen Seite Monster und Teufel? Man muss erstens die Gegner zu Ausgestoßenen, zu Gottlosen machen und sie dann mit Bestrafungsandrohungen und deren Legitimation aus der Bibel (!) dem weltlichen und dem Gottesgericht ausliefern.
Als weiteres Beispiel dafür, den Teufel mit einem altbekannten Gegner zu identifizieren und welche Auswirkungen solche Propaganda haben kann, zeigt er das seit dem Mittelalter bekannte antijüdische Motiv der 'Judensau'. Wer den Vorträgen des Professors seit Jahren die Treue hält, konnte aus Hinweisen auf Personen und Themen der Vorjahre viele Querverbindungen herstellen.
Mit dem Fazit, dass Hass keine Grenzen kennt und die Permanenz der Verteufelung des Glaubensgegner fürchterliche Auswirkungen hatte, in dem sie den Boden für physische Gewalt gegen Andersdenkende bereitete und letztendlich in den Dreißigjährigen Krieg, eine der größten Katastrophen des christlichen Abendlandes, mündete, endete der Vortrag.
Herr Eßwein dankte Prof. Frey für seinen detailreichen und zum Nachdenken anregenden Vortrag, überreichte ein Buchpräsent und lud den Referenten zu weiteren Vorträgen aus seinem Forschungsgebiet ein.