Die Verteilung von Wohlstand fällt auf der Welt sehr unterschiedlich aus. Das betrifft vor allem auch die medizinische Versorgung der Menschen. In extrem armen Ländern wie im afrikanischen Burkina Faso haben die Menschen in weiten Teilen des Landes keinen Zugang zu dringend benötigten Behandlungen und Medikamenten.
Auf Initiative des Freundeskreises des Justus-Knecht-Gymnasiums hielt Priv. Doz. Dr. Bernhard Rumstadt am Donnerstag, den 23.9. in der Aula der Schule einen Vortrag zum Thema „Operieren in Afrika“. Zielgruppe des Vortrages war die Kursstufe 1 des Gymnasiums, in der Afrika eines der Schwerpunktthemen in Geographie ist. Eingeladen waren aber auch Lehrer und Mitglieder des Freundeskreises.
Einleitend erhielten die Zuhörer einen geographischen Überblick über Burkina Faso und seine jetzige Wirtschaftslage und Bevölkerungsstruktur (bestens nachzuarbeiten im Internet). Herr Rumstadt wies erweiternd auf den durch westliche Einflüsse geprägten Wandel des Alltagslebens hin. „Europäer haben die Uhr, die Afrikaner die Zeit“, aber in der Zwischenzeit auch alte Autos, Handys und Internet und somit ein Fenster zur Welt und viele unerfüllbare Wünsche.
Die Zusammenarbeit mit einem kommunalen Krankenhaus in Léo, einer Stadt südlich der Hauptstadt Ouagadougou, mit ca.15000-20000 Einwohnern besteht seit 1997. Während die vorgefundenen Verhältnisse damals erschreckend waren, so ist es in über 10 Jahren gelungen, medizinische Standards zu verbessern. Anschauliches Bildmaterial machte die Veränderung deutlich. Auch die Reiseplanung veränderte sich im Laufe der Zeit. Bevor das Ärzte- und Helferteam - meistens im Januar wegen der trockenen Verkehrswege - nach Burkina Faso fliegt, werden Container mit oft über 20t medizinischer Hilfsgüter, Operationsmaterial und Medikamente verschifft und sind dann bereits vor Ort.
Während anfänglich mehr als 400 Patienten täglich auf medizinische Hilfe warteten, findet jetzt eine Vordiagnose statt, die den Patientenstrom reguliert, und es stehen zwei OP Säle und 40 Krankenbetten zur Verfügung. Um die Dramatik menschlicher Situationen deutlich zu machen, wurden den Zuhörern schreckliche Krankheitsbilder gezeigt, die in westlichen Ländern unvorstellbar sind, die aber von erfahrenen Operateuren und dank der hohen Widerstandsfähigkeit der Patienten durchaus verbessert oder geheilt werden können. Herr Rumstadt verwies hier insbesondere auch auf das traurige Schicksal von jungen Patienten mit Lippen-, Kiefern- und Gaumenspalten, die nach animistischem Glauben als vom Teufel besessen gelten, oft versteckt gehalten werden und eigentlich getötet werden müssten.
Das gezeigte muntere Treiben im Krankenhaus war dann wieder leichter zu verkraften. Schließlich sind die Familien für die Versorgung ihrer Angehörigen zuständig. Töpfe und Näpfe stehen neben jedem Krankenbett, und farbenfrohe Kleidung, die den positiven Gleichmut der Menschen ausdrückt, sorgt fast für ein Stimmungsbild. So betonte Herr Rumstadt auch, wie wichtig es ist, mit den Menschen im Krankenhaus zu leben, zu lachen, zu essen und zu trinken, denn so entsteht Vertrauen und eine gute Gemeinschaft.
Neben seinem medizinischen Projekt hat Herr Rumstadt vor 6 Jahren eine Farm mit ca. 40ha im Nordosten von Léo gegründet. Auf ihr arbeiten ständig 80 Frauen, die so für den Lebensunterhalt ihrer großen Familie sorgen können (Männer halten sich beim Arbeiten eher zurück, vertreiben sich die Zeit mit Beobachten und Reden). Dank guter Planung und dem Einsatz aller Beteiligten trägt sich die Farm schon fast selbst. Während landesweit vorausplanende Wasserwirtschaft noch gelernt werden muss, sorgt hier ein eigener Brunnen für die Wasserversorgung. So kann Gemüse und Hirse angebaut werden, Kakaopulver für die Kosmetikindustrie hergestellt werden und in der eigenen Weberei sogar Stoffe gefertigt werden. Das Leben auf der Farm wird durch sportliche Angebote, wie z.B. einer Fußballmannschaft, bereichert.
Selbstverständlich gibt es auch eine Schule, an der jetzt mehr als 350 Kindern unterrichtet werden, denen als kleines Lockmittel ein auf der Farm produziertes Mittagessen gereicht wird. In einem Gesundheitszentrum wird Geburtshilfe und Gesundheitsvorsorge geleistet und es werden Grundkenntnisse in Hygiene vermittelt, die dann auch bei der Bewältigung bzw. Beseitigung der vorhandenen Müllberge eingesetzt werden können. Eine Chirurgische Klinik, die von einheimischen Ärzten und Pflegepersonal betreut wird, ist in Planung. Damit wäre man dann auch von der Regierung und staatlichen Stellen unabhängig.
Um die Lebensmöglichkeiten auf der Farm zu erweitern, wird Solarenergie unter Anleitung und mit Unterstützung entsprechender Firmen genutzt. Dank des Lichtes kommen jetzt abends sogar Eltern in die Schule, um zu lernen. Der Analphabetismus beträgt noch immer weit über 80%, aber so mancher hat die Chancen einer Bildung und Ausbildung erkannt und nimmt praktische Hilfe zur Selbsthilfe an.
Diese Farm weiterhin auszubauen, um so mehr Menschen ein eigenständiges und damit würdiges Leben zu ermöglichen, und auch die chirurgische Klinik bauen und betreiben zu können, das ist der große Traum von Herrn Dr. Rumstadt. Dafür hat er auch den Verein „Operieren in Afrika“ gegründet. (Informationen unter www.operiereninafrika.de) und jede Hilfe ist höchst willkommen. Das JKG wird mit einer Spendenaktion versuchen, auch einen Beitrag zu leisten. (Angelika Thiele)