Wer war schuld am Tod Jesu? - Stimmen aus zwei Jahrtausenden

Professor Winfried Frey, emeritierter Hochschullehrer für Geschichte  und ehemaliger Schüler am Justus-Knecht-Gymnasium, nahm zahlreiche Zuhörer an seiner früheren Schule mit auf Spuren-und Tätersuche im Hinblick auf die Umstände des Todes von Jesus. Die Vorsitzende des Freundeskreises, Angelika Thiele, begrüßte erfreut ein großes Auditorium zu einem anspruchsvollen Vortrag, passend zur vorösterlichen Zeit. Professor Frey schickte voraus, dass es nicht möglich sei, die Frage nach der Schuld endgültig zu klären, er aber doch aus historischer Sicht Antworten suchen wolle mit Rückgriff auf Meinungen aus zwei Jahrtausenden.

Zunächst ging er auf die seit langem vorherschende Meinung ein -sozusagen Volkes Stimme-, die Juden seien schuld am Tod Jesu. Mit zahlreichen Bild-und Textbelegen ging der Referent der Ursache dieser Beschuldigung auf den Grund und wurde fündig bei Judas, der, nach den Evangelien,  Jesus für 30 Silberlinge verriet , in der christlichen Tradition zum Verräter abgestempelt und zur Verkörperung des verräterischen jüdischen Volkes schlechthin gemacht wurde. Im Laufe der Jahrhunderte verfestigte und radikalisierte sich dieses negative Bild von den Juden mit fatalen Folgen und gipfelte in der antisemitischen Propaganda der Nationalsozialisten und dem Völkermord im 3. Reich. Erst danach sei man in der christlichen Lehre und der Theologie zu einer Revision der Gottesmordtheorie bereit gewesen.

Ein anderer Ansatz kommt, laut Professor Frey, vom zeitgenössischen Juristen Chaim Cohn, der die herrschende Macht der damaligen Zeit in Judäa  nämlich Rom und dessen Statthalter Pilatus ,für die Hinrichtung von Jesus verantwortlich machte. Des weiteren verwies der Referent auf einen Theologen des 12. Jahrhunderts, Anselm von Canterbury, in dessen Schriften von Schuldzuweisung keine Rede sei, sondern der Tod Jesu als freiwilliger Erlösungstod des Gottessohnes zur Tilgung der Sünden der Menschheit interpretiert wird.Ein weiterer Hinweis kam  aus dem sachkundigen Publikum, nämlich auf die Pharisäer und Schriftgelehrten als mögliche  Urheber und Verantwortliche.

Großer Beifall dankte Profesor Frey für seine interessanten Ausführungen,wobei er es verstand, mit vielen Bildern, Darstellungen zu Kreuzigungsszenen und Zitaten den Vortrag lebendig zu gestalten.(Cornelia Blümle)